CHIEF RESTRUCTURING OFFICER (CRO)

Wenn der “Chief Restructuring Officer“ kommt:
Ein Erfahrungsbericht von der Restrukturierungsfront

CHIEF RESTRUCTURING OFFICER
CHIEF RESTRUCTURING OFFICER

WENN DER “CHIEF RESTRUCTURING OFFICER“ KOMMT:
EIN ERFAHRUNGSBERICHT VON DER RESTRUKTURIERUNGSFRONT

Was macht ein „Chief Restrukturing Officer“, wenn er eine neue Aufgabe in einem notleidenden Unternehmen übernimmt?

Ein Chief Restructuring Officer, auch „CRO“ genannt, ist für Unternehmen in Krisensituationen oftmals die letzte Chance, eine Insolvenz oder Liquidation zu vermeiden. Gerade aktuell befinden sich viele Unternehmen und deren Geschäftsmodelle aufgrund der zahlreichen wirtschaftlichen und geopolitischen Herausforderungen in einer existenziellen Krise.

Der CRO unterstützt Unternehmen und deren Stakeholder als Sanierungsgeschäftsführer in der akuten Krise und koordiniert und leitet als Restrukturierungsspezialist die Umsetzung der Restrukturierungsmaßnahmen.

Wie sieht die Arbeit und Rolle dieser interimistischen Manager und Experten für schwierige Restrukturierungssituationen in der Praxis aus?

Von Michael Hengstmann, Managing Partner, Executive Interim Partners GmbH

Der erste Tag im Unternehmen
Für einen erfahrenen Chief Restructuing Officer (CRO) ist es eine gewohnte Situation und dennoch immer wieder eine Herausforderung: Der CRO muss sich in den ersten Arbeitstagen zunächst bei den Führungskräften, dem Betriebsrat und anschließend im Rahmen einer unternehmensweiten Mitarbeiterversammlung bei allen anwesenden Mitarbeitern der notleidenden Gesellschaft persönlich vor Ort vorstellen. Bei dieser Vorstellung hat man keine zweite Chance, einen ersten guten Eindruck zu machen. Die kurze Rede des CRO muss einerseits die Führungskräfte und Mitarbeiter für eine bedingungslose Unterstützung und ihr Vertrauen gewinnen und dabei motivieren und überzeugen, dass die bevorstehenden Restrukturierungsmaßnahmen unter seiner Führung erfolgreich sein werden sein müssen. Gleichzeitig muss der CRO mit schonungsloser Offenheit klarstellen, dass die geplanten Restrukturierungsarbeiten für alle Beteiligten – also auch für die Mitarbeiter – sehr schmerzhaft, aber alternativlos sein werden.

DEFINITION “CHIEF RESTRUCTURING OFFICER (CRO)“

Der Chief Restructuring Officer („CRO“) ist ein interimistischer Sanierungsgeschäftsführer oder -vorstand, der Unternehmen aus einer existentiellen Liquiditäts- und Ertragskrise durch Steuerung und Umsetzung des Restrukturierungsprozesses und Koordination der Stakeholdern wieder herausführen soll, um die Insolvenz oder Liquidation des Unternehmens abzuwenden.

Schließlich muss der CRO mit den Stakeholdern, also insbesondere den Gesellschaftern, Kreditinstituten, Betriebsräten, Gewerkschaften, Warenkreditversicherungen und Mitarbeitern über deren Beitrag zur Restrukturierung verhandeln, den Restrukturierungsprozess abstimmen – und Vertrauen aufbauen. Dabei sind insbesondere die Verhandlungen mit den finanzierenden Banken und anderen Fremdfinanzierungspartnern (u.a. MezzanineDarlehensgebern) und den Eigentümern und Gesellschaftern über die Bereitstellung frischer Fremd- und Eigenkapitalmittel („Fresh Money“) sowie der Proloschngation bestehender Finanzierungen in den ersten Wochen von hoher Bedeutung.

Die ersten Wochen

In den nächsten maximal vier bis sechs Wochen hat der CRO drei zentrale Aufgaben, die er erfüllen muss.

Im ersten Schritt geht es in der Regel darum, eine verlässliche Liquiditätsplanung zu erstellen und die kurzfristige Liquidität des Unternehmens sicherzustellen.

Gleichzeitig muss der CRO einen Restrukturierungplan erarbeiten, der einen kurzfristigen Turnaround und die damit verbundenen konkreten Restrukturierungsmaßnahmen beschreibt und die Restrukturierungskosten und -effekte im Detail quantifiziert. Wenn bereits ein Sanierungsgutachten nach IDW S6 vorliegt, wird ein erfahrener CRO die darin aufgezeigten quantitativen Zielvorgaben validieren und konkrete operative Umsetzungsmaßnahmen erarbeiten und neue Restrukturierungsinitiativen ergänzen.

Dabei muss auch die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells des Krisenunternehmens kritisch hinterfragt werden, da ansonsten die Aufwendungen für Restrukturierungsmaßnahmen und –kosten nicht sinnvoll wären.

Der CRO: Stringent, aber kommunikativ

Für den CRO gilt es dabei, neben der notwendigen Stringenz bei der Umsetzung der Restrukturierung auch seine soziale Kompetenz einzusetzen, um die Unterstützung der Stakeholder für seine Maßnahmen zu gewinnen.

Für die effiziente Kommunikation und zeitnahe Verabschiedung von Entscheidungen empfiehlt sich die Einrichtung eines Lenkungsausschusses für die Restrukturierung, dem neben den Gesellschaftervertretern auch bei fremdfinanzierten Unternehmen die Finanzinstitute angehören.

Überhaupt gilt: Zuviel Kommunikation während der Restrukturierung gibt es für einen CRO nicht. Zur Kommunikation gehören dabei neben regelmäßigen Lenkungsausschusssitzungen auch eine „24-Stunden Hotline“ für den Bankenpool. Hier sollte man als CRO besser alle relevanten Finanzkennzahlen und Informationen parat haben.

Aber auch eine hohe Präsenz in den Werkshallen bei den Mitarbeitern an den Maschinen, Mitarbeiterversammlungen, Treffen mit dem Betriebsrat oder die wöchentlichen Führungskräftetreffen sind von entscheidender Bedeutung für die Akzeptanz und damit den Erfolg eines CRO.

Die Bedeutung von Erfolgen und Symbolen

Ein erfahrener CRO weiß auch, wie wichtig schnelle Erfolge („Quick Wins“) sind. Zu den Quick Wins zählen nachweisbare und messbare Erfolge bei der Sicherung der Liquidität, z.B. durch Sofortmaßnahmen wie Investitionsausgabensperre, Working Capital Management (Verhandlung neuer Zahlungskonditionen mit Lieferanten und Kunden), Personalkosteneinsparungen durch Sonderbetriebsvereinbarungen als Arbeitnehmerbeitrag oder der Kündigung von Leiharbeitern. Gleichzeitig müssen alle Sofortmaßnahmen zur kurzfristigen Kostenreduzierung bei Materialkosten, sonstigen betrieblichen Aufwendungen oder Personalkosten möglichst liquiditätsschonend umgesetzt werden. Neben den Quick Wins ist das Vorleben der neuen Unternehmenskultur in der Krisensituation notwendig. Der CRO macht sich unglaubwürdig, wenn er mit dem privaten Luxusauto oder einem teuren Mietwagen vorfährt und im vornehmen Hotel in der größeren Nachbarstadt übernachtet. Erfahrene CRO mieten immer ein bescheidenes Fahrzeug an, verzichten auf den eleganten Maßanzug und geben sich mit einem bescheidenen Hotel- oder Pensionszimmer in unmittelbarer Nähe des Unternehmens zufrieden. Wenn ausschließlich gewerbliche Arbeitnehmer oder „kleine“ Angestellte, aber keine Führungskräfte auf der Restrukturierungsliste für den Personalabbau stehen, wird es schwer, die Unterstützung des Betriebsrates für den neuen Kurs zu gewinnen. Auch die Untervermietung von freigewordenen Miet- oder Büroflächen nach dem Personalabbau ist ein sichtbares Zeichen an alle Mitarbeiter, dass sich das Unternehmen im Wandel und in einer Umbruchsituation befindet und eine neue Unternehmenskultur gilt.

Insbesondere Bankenpools, die sich leider nicht immer untereinander einig über die notwendigen Maßnahmen und Finanzierungshilfen sind, benötigen ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und Zeit.

Ein CRO, der zuerst Restrukturierungsmaßnahmen umsetzen muss, wird die Unterstützung eines Liquiditätsmanagers, der Erfahrungen im Umgang mit Banken in Restrukturierungssituationen hat, sehr zu schätzen wissen.

Der Liquiditätsmanager ist eine wichtige Schnittstelle zu den Banken bei dem Restrukturierungsthema Nummer eins – der Liquiditätssicherung, Erhöhung der Transparenz und Wiederherstellung des Vertrauens der Fremdkapitalgeber.

Müssen im Rahmen des Restrukturierungsplans zahlreiche Restrukturierungsprojekte – mehr als 30 Projekte sind hier keine Seltenheit – teilweise zeitgleich mit hoher Proirität umgesetzt werden, ist ein guter Program Manager absolut erfolgskritisch für die erfolgreiche Restrukturierung und den CRO. Der Program Officer unterstützt den CRO bei der Definition der Ziele, Termine und Verantwortlichkeiten aller Restrukturierungsprojekte und verfolgt die Umsetzungsfortschritte der Restrukturierung sowohl quantitativ, zeitlich als auch inhaltlich.

Wenn der CRO, Liquiditätsmanager und Program Officer bereits in anderen Restrukturierungssituationen erfolgreich zusammengearbeitet haben, ist dies für die Geschwindigkeit der Umsetzung der Maßnahmen und für die Durchschlagskraft beim Durchbrechen der mentalen Abwärtsspirale im die notleidenden Unternehmen ein unschätzbarer Vorteil.

TYPISCHE SITUATIONEN FÜR DEN EINSATZ EINES CHIEF RESTRUCTURING OFFICER

  • Drohende oder akute Liquiditätskrise des Unternehmens
  • Drohende oder akute Überschuldung des Unternehmens
  • Breach of Covenants, also die schwerwiegende und möglicherweise dauerhafte Verletzung von definierten Zielwerten für Kennzahlen, die für die Aufrechterhaltung der vereinbarten Fremdfinanzierung mit den Kreditgebern notwendig ist
  • Konflikte zwischen den Gesellschaftern oder zwischen den Stakeholdern im Angesicht einer drohenden Ertrags- oder Liquiditätskrise
  • Fehlendes Vertrauen der finanzierenden Banken oder anderer Finanzierungspartner (Bond Holder, Mezzanine-Geber, Factoringunternehmen, etc.) in das Management und/ oder Gesellschafter des notleidenden Unternehmens
  • Umsetzung eines IDW S6 Gutachtens
  • Anhaltende, sich steigernde operative Verluste des Unternehmens mit einem in Krisensituationen unerfahrenen Managements

Der CRO: Einsamer Wolf und Einzelkämpfer?

Es hat sich bewährt, bei komplexen Restrukturierungssituationen neben dem CRO auch einen sogenannten Liquiditätsmanager und einen Program Manager zu etablieren, die
in der Regel wie der CRO nicht aus dem Unternehmen stammen, sondern extern rekrutiert werden sollten.

Der letzte Tag

Ein CRO ist immer ein Krisenmanager und Sanierer auf Zeit. Gute Restrukturierer sind häufig die falschen Manager, nachdem das Unternehmen wieder erfolgreich die Krise überwunden hat und es um die kontinuierliche Weiterentwicklung im Tagesgeschäft geht. Ein CRO ist ein Spezialist für die Sondersituation Restrukturierung, nicht für das Verwalten und Führen eines funktionierenden und erfolgreichen Unternehmens. Der der letzte Arbeitsschritt des CRO ist die Unterstützung der Gesellschafter und relevanten Stakeholder bei der Auswahl und Einarbeitung seines eigenen Nachfolgers, auch wenn er sich damit selber wieder aus dem Unternehmen entfernt – quasi als letzte Restrukturierungsmaßnahme.

CHECKLISTE FÜR DAS KOMPETENZPROFIL “CHIEF RESTRUCTURING OFFICER”

Fachliche Fähigkeiten und Erfahrungen

  • ✓ Restrukturierungssituationen
  • ✓ Krisenmanagement (u.a. Liquiditätskrisen)
  • ✓ (Re-)Finanzierungen (u.a. mit Banken und Darlehensverträgen)
  • ✓ Liquiditätsmanagement
  • ✓ Stakeholder Management
  • ✓ Maßnahmenumsetzung von IDW S6 Gutachten
  • ✓ Verfügbarkeit „Restrukturierungsnetzwerk“ (Banken, Berater, Anwälte, etc.)

Persönliche Fähigkeiten und Erfahrungen

  • ✓ Durchsetzungsstärke
  • ✓ Umsetzungsstärke
  • ✓ Führungserfahrung (C-Level)
  • ✓ Soziale Intelligenz
  • ✓ Kommunikationsstärke
  • ✓ Verhandlungsfähigkeiten
  • ✓ Belastbarkeit
  • ✓ Konfliktfestigkeit
  • ✓ Entscheidungsfreude

ÜBER DIE EXECUTIVE INTERIM PARTNERS

CHIEF RESTRUCTURING OFFICER

Die EXECUTIVE INTERIM PARTNERS (EIP) wurde im Jahr 2005 in München gegründet und ist ein unternehmerisches Team mit erfahrenen Interim Managerinnen und Interim Managern.

Die Partner von EXECUTIVE INTERIM PARTNERS unterstützten Sie und Ihr Unternehmen als Interim Manager oder Berater insbesondere in Sondersituationen, die sofortiges unternehmerisches Handeln erfordern, wie bei

  • Restrukturierungen und Turnarounds
  • Refinanzierungen/ Rekapitalisierungen
  • Liquiditätskrisen
  • Transformationen
  • Führungskrise bzw. Führungsvakuum
  • Wachstumskrisen
  • IT Transformationen/ Cyber Security Management
  • Performance Improvement
  • Exit-Vorbereitung und Unternehmensverkauf
  • PMI/ Unternehmenskauf

Alle Partner der EXECUTIVE INTERIM PARTNERS haben nachweisbare Erfolge als Geschäftsführer und Vorstände – als Interim Manager und in der Festanstellung,. Ca. 80% unserer Mandate resultieren aus Organstellungsfunktionen als interimistische Geschäftsführer oder Vorstände (z.B. als CEO, CRO, CFO, COO, CDO, oder CSO).

Mandanten der EXECUTIVE INTERIM PARTNERS sind mittelständische Familienunternehmen, Konzerngesellschaften und Private Equity-Beteiligungen

CHIEF RESTRUCTURING OFFICER

ÜBER DEN AUTOR

Michael Hengstmann ist Gründungsgesellschafter und Managing Partner der Executive Interim Partners
und Vorstand der Management Capital Holding AG, einer Beteiligungsgesellschaft, die
Eigenkapitalmittel für Mittelstandsunternehmen bereitstellt.

Herr Hengstmann war bei verschiedenen mittelständischen Unternehmen und Tochterunternehmen von Konzernen im In- und Ausland als Interim Manager aktiv und hat als Chief Restructuring Officer, Chief Executive Officer/Vorsitzender der Geschäftsführung oder Chief Transformation Officer erfolgreich Restrukturierungen, Turnarounds, strategische Neuausrichtungen und Vertriebsoffensiven in der Organstellung umgesetzt.

Davor war Herr Hengstmann Partner und Managing Director bei AlixPartners, dem international führenden Experten für Restrukturierungen, und unterstützte als Interim Manager und Berater verschiedene Unternehmen in Restrukturierungssituationen. Zuvor war er als Partner und Managing Director bei One Equity Partners tätig, dem damaligen Private Equity-Fonds von JP Morgan.

Herr Hengstmann begann seine berufliche Laufbahn im familieneigenen Mittelstandsunternehmen, bevor er zunächst als Projektleiter bei Arthur Andersen und später als Partner und Geschäftsführer bei LEK Consulting mittelständische Unternehmen, internationale Konzerne und Private Equity-Gesellschaften bei M&A-Transaktionen auf der Käufer- und Verkäuferseite sowie als Berater und Interim Manager unterstützte.

Darüber hinaus berät und unterstützt Herr Hengstmann verschiedene Unternehmen im In- und Ausland als Mitglied oder Vorsitzender des Aufsichtsrats.

Er schloss sein Studium der Wirtschaftswissenschaften als Master of Science in Management an der Hult International Business School in Cambridge/USA mit Auszeichnung ab und studierte Betriebswirtschaft an der Universität Duisburg.